Gestatten? Bestatter.

Das letzte Geleit | schokotexte.

 

„Das letzte Geleit“ von Christiane Fux landete auf meinem Urlaubsbücherstapel und ist noch nicht mal neu: Es erschien 2012, und ich entdeckte es in der Buchhandlung, als ich auf der Suche nach Hamburg-Krimis war. Mich sprang das ungewöhliche Krimisetting an: Hier ermittelt Theo Matthies, und der ist nicht etwa Kommissar, sondern Bestatter in Hamburg-Wilhelmsburg. Soweit, so ungewöhnlich.

Ich gebe zu, das Buch fesselte mich dann nicht sofort. Zu wild die Sprünge, die Handlung unklar, aber nicht im positiv-spannenden Sinne, sondern ich war – etwas genervt. Hätte hier besser lektoriert werden müssen? Es dauerte dann einige U-Bahn-Fahrten, bis ich mühsam auf Seite 50 anlangte und ein paar Mal überlegte, das Buch einfach auszusortieren. Ich gab ihm dann noch eine allerletzte Chance – und plötzlich nahm die Handlung Fahrt auf. Einen Tag später war ich durch. 😉 Continue reading Gestatten? Bestatter.

Japanisch in Hamburg: Inspektor Takeda

Inspektor Takeda | schokotexte.de

 

Kennt ihr das? Der Krimi neigt sich dem Ende entgegen, und du weißt: Das ist der (bisher) letzte Band. Danach ist unweigerlich Schluss. Schrecklich! Vielleicht wird die Reihe ja fortgesetzt – aber wann?!

Inzwischen führe ich eine Liste mit Reihen, auf deren Fortsetzungen ich warte. Das Tolle ist ja immer, wenn man eine neue Reihe anfängt und beim Lesen merkt: Das lese ich gern, UND es gibt bereits mehrere Bände!

So ging es mir mit Takeda. Der ist Inspektor und kommt aus Tokio. Allerdings arbeitet er gerade in Hamburg bei der Mordkommission. Seine ihm zugeteilte Kollegin Claudia ist anfangs überhaupt nicht begeistert, mit ihm zusammen arbeiten zu müssen, merkt aber schnell: Der hat was drauf. Ihre anfängliche Befürchtung, dass der „Neue“ nur vorgeführt und sie selber in schlechtem Licht dastehen soll, löst sich bald in Luft auf.

Höfliche Frage statt hartem Verhör

Der Inspektor heißt mit vollem Namen Kejiro Takeda und bekommt es mit spannenden Fälle zu tun: Im ersten Band wird ein älteres Buchhändler-Ehepaar tot aufgefunden. Ihr Laden soll einem großen Altonaer Bauprojekt weichen. Vieles liegt nahe, nichts erweist sich für die Ermittler als haltbar. Takedas Glück ist nicht nur, dass es von früheren Aufenthalten sehr gut Deutsch spricht. Sondern, und das macht die Reihe so interessant, immer eine japanische Perspektive auf die Tatsachen hat. Seine ungewöhnliche und für Deutsche oft überraschend höfliche Art, sich mit Menschen zu unterhalten (oder sie zu verhören). Aber auch die kulturellen Unterschiede, auf Rang und gesellschaftlichen Status zu reagieren oder es mit mangelndem Respekt zu tun zu haben. Continue reading Japanisch in Hamburg: Inspektor Takeda

Leo Berlin: Krimis im Miljöh der 1920er Jahre

Leo Berlin | schokotexte.de

Ich bin ein bisschen verliebt in Leo: Der Kommissar der Berliner Polizei ist gut aussehend, charmant, eloquent und ein effektiver Ermittler. Allerdings lebt er zu einer anderen Zeit, nämlich in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts.

Wir lernten uns letztes Wochenende in Berlin kennen: Ich bummelte durch eine große Buchhandlung und erblickte die Buchreihe mit Kommissar Leo Wechsler. Der Titel „Es geschah in Schöneberg“ sprang mir ins Auge – da habe ich eine Zeit lang gewohnt, und ein Krimi, der dort spielt? Das klang spannend. Beim Lesen des Klappentextes stellte ich allerdings fest: dieser Band ist Folge Nummer fünf. Ich griff zum ersten Band, „Leo Berlin“ – auch die Beschreibung hörte sich gut an. Also los! Continue reading Leo Berlin: Krimis im Miljöh der 1920er Jahre

Henning Mankell: Ein Großer ist gegangen

Mankell | schokotexte.de

Als ich heute morgen die Nachricht las, der schwedische Schriftsteller Henning Mankell sei gestorben, war ich betroffen. Natürlich? Natürlich. Aber für mich war Mankell ein wirklich besonderer Schriftsteller. Eine Art Nachruf

Vielleicht kennt ihr das: Mit manchen Autoren (oder natürlich auch anderen Künstlern) verbindet euch etwas. Ich selber habe ja eine Weile in Schweden gelebt. Zu dieser Zeit kam Mankells Roman „Die fünfte Frau“ gerade dort auf den Markt.

Das schwedische Cover fand ich gruselig: Ein älter aussehender Puppenkopf, die Augen der Puppe starr gerade aus gerichtet, vor einem Hintergrund aus roten Rosen. Ich gebe zu: Das sprach mich nicht an, und Krimis las ich damals auch nicht. Erst später probierte ich dann  schwedische Krimis, zuerst die vom Autorenduo Sjöwall/Wahlöö aus den 1960er und 70er Jahren. Irgendwann dann auch einen von Henning Mankell. Schnell war ich („dann doch“) begeistert. Continue reading Henning Mankell: Ein Großer ist gegangen

Zu Besuch bei Krimiautorin Viveca Sten auf Sandhamn

Viveca Sten | schokotexte.de

Dunkel schwappen die eiskalten Ostseewellen an die Außenwand der Fähre. Tang und Algen mischen sich in den Schaumkronen, der eiskalte Wind pfeift über das Oberdeck. Langsam umhüllt die Dunkelheit alles, und es beginnt zu schneien. Da ertönt plötzlich ein Schrei…

Nein, das klingt zu gruselig. Tatsächlich muss die Geschichte so losgehen:

An einem strahlend schönen Sommertag in Stockholm legt die vollbesetzte Fähre in Richtung Schären ab. Wir besuchen auf der Insel Sandhamn die erfolgreiche schwedische Krimiautorin Viveca Sten, um sie zu interviewen: Der Mann, beruflich Journalist und im Auftrag einer Zeitschrift unterwegs, die Kinder und ich. Meine Kamera wartet einsatzbereit in meiner Tasche.

Sandhamn © Inga von Thomsen

Viveca Sten ist auch außerhalb ihres schwedischen Heimat keine Unbekannte mehr. Ihre inzwischen sieben Bücher über Kommissar Thomas Andreasson und seine gute Freundin Nora Linde wurden in viele Sprachen übersetzt. Sechs Titel erschienen davon bisher auf deutsch, die Fangemeinde wartet sehnsüchtig auf mehr. Mein ganz persönlicher Vorteil: Ich spreche Schwedisch und habe dadurch einen Band Vorspung! Continue reading Zu Besuch bei Krimiautorin Viveca Sten auf Sandhamn

Buchbesprechung: Friedrich Dönhoff: Seeluft

Dönhoff, Seeluft
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Endlich wieder ein neuer Hamburg-Krimi mit Kommissar Sebastian Fink! Der neue Fall führt ihn an den Hamburger Fischmarkt. In einer Seitenstraße wird ein bekannter Reeder tot aufgefunden.

Wenige Meter entfernt vom Fundort des Toten wohnt dessen Geliebte – spielt Eifersucht eine Rolle? Denn die Gattin des Reeders wirkt nicht so geschockt, wie Fink zunächst erwartet.

Im Laufe der Ermittlungen gerät die Umweltschutzorganisation Ökopolis und ein sehr aktives Pärchen in Finks Fokus. Wollten die Aktivisten dem Reeder nach dem Leben trachten, um auf ihr Handeln aufmerksam zu machen? Continue reading Buchbesprechung: Friedrich Dönhoff: Seeluft

Buchbesprechung: „Schlecht aufgelegt“

Schlecht aufgelegtArbeiten in einem Callcenter, und dann noch Telefonvermittlung – nicht unbedingt der Traumjob für Paul, der eigentlich chronisch schlecht aufgelegt ist.

Als er seinen neuen Kollegen Kuli einarbeiten soll, gibt es promt Probleme: Eine Frau scheint sich am anderen Ende der Leitung mit jemandem zu streiten und die Auskunft nur aus Versehen angerufen zu haben. Dabei werden Kuli und Paul Zeugen eines Streits und beschließen, bei der Anruferin abends noch nach dem Rechten zu sehen.  Continue reading Buchbesprechung: „Schlecht aufgelegt“

Horst Evers: Der König von Berlin

Immer etwas schräg, so kennt man Horst Evers. Nun hat der Autor seinen ersten Kriminalroman veröffentlicht – was natürlich Erwartungen weckt.

Der Krimi spielt in Berlin, und schon im ersten Satz kommt eine Leiche vor. Allerdings ist es eine tote Ratte. Wer sich mit toten Ratten nicht anfreunden mag, sollte nicht weiter lesen, denn das ganze Buch spielt im Kammerjäger-„Milieu“. Berlin leidet seit einiger Zeit unter einer massiven Rattenplage, und das merkwürdigerweise erst seit dem Tod des „großen alten Mannes“ der Kammerjägerzunft.  Continue reading Horst Evers: Der König von Berlin

Claus C. Fischer: Eisherz

Das lang erwartet vierte Buch um den Amsterdamer Commissaris Bruno van Leeuwen ist endlich da! Schon im ersten Kapitel zeigt sich, ob der geneigte Leser „krimifest“ ist, denn der beschriebene Mord ist gruselig.

Eine junge Frau wird in einem Hotelzimmer vor laufender Videokamera nicht nur brutal von einem maskierten Mann vergewaltigt, sondern auch anschließend ermordet. Bruno van Leeuwen wird seinerseits auf der Straße von Jugendlichen zusammengeschlagen. Außerdem erhält er einen Anruf von einem ehemaligen Klassenkamerad, der jetzt Landpfarrer ist. Seine 17-jährige Tochter ist verschwunden.

Es ist Weihnachten, es schneit – aber idyllische Stimmung will nicht aufkommen. Van Leeuwen macht sich nicht nur auf die Suche nach der Verschwundenen, sondern muss auch den Mörder der ermordeten jungen Frau suchen. Frauenhandel, internationale Kriminalität und Gianna Nannini – bald stellen sich Zusammenhänge heraus, die den Commissaris an seine Grenzen bringen. Als seine Kollegin verschwindet, legt sich van Leeuwen in Mailand mit italienischen Kriminellen an und muss um seine Karriere bangen.
Gut und so spannend, dass man am Ende hofft, den nächsten Band möglichst schnell in die Hände zu bekommen!
Claus C. Fischer: Eisherz. Lübbe 2010, 19,99 Euro. ISBN 978-3-431-03808-8