Eva-Maria und Wolfram Zurhorst: Liebe dich selbst – und entdecke, was dich stark macht

Das inzwischen bekannte Ratgeber-Paar Zurhorst hat einen älteren Titel grundlegend überarbeitet und damit eigentlich ein neues Buch vorgelegt. Sowohl der Umgang mit beruflichen Veränderungen, speziell einer Kündigung und damit verbundenen Ängsten, als auch die Aufarbeitung und Bewältigung dieser Krise gemeinsam mit dem Lebenspartner stehen dabei im Focus.

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Geschenkideen historische Romane

Gerade wurde ich nach lesenswerten historischen Romanen gefragt. Daher hier eine kleine Auswahl meiner Lieblinge!

Amitav Ghosh, Das mohnrote Meer

Bangladesh um 1850: Viele armen Bewohner bauen Opium an, die Kolonialmacht Großbritannien beutet die armen Bauern „dankbar“ aus. Das ist der Rahmen für einen bunten Roman mit ganz unterschiedlichen Protagonisten: einen verarmten Prinzen, ein Bauernpaar, ein Junge, der von zu Hause weggeht. Sie alle haben mit dem Opium zu tun, also bauen es an oder konsumieren es. Und alle haben Gründe, ihr altes Leben zu verlassen und sich schließlich auf einem Auswandererschiff wieder zu treffen. Opulent erzählt, tolle Charaktere und Landschaftsbeschreibungen. Habe ich sehr gern gelesen!

Der Nachfolgeband ist gerade erschienen, er liegt aber noch auf meinem „Lesen!!!“-Stapel.

(Heyne TB, 9,95 Euro. ISBN 978-3-453-40597-4)

Ildefonso Falcones, Die Kathedrale des Meeres

Barcelona um 1500, der Junge Arnau kommt auf der Flucht in die freie Stadt Barcelona. Der junge Jude ist hier sicher, erlebt aber auch Diskriminierung. In seiner Nähe befindet sich eine kleine Kapelle, die zu einer großen Kathedrale umgebaut wird: Santa María del Mar. Der Leser wird auf die lange Lebensreise Arnaus mitgenommen, der verschiedene Berufe ausübt und wechselvollen politischen Wandlungen Barcelonas unterworfen ist. Auch für Nicht-Spanienkenner ein anspruchsvoller, gut recherchierter Roman, den ich mal über Silvester gelesen habe und gar nicht aufhören wollte…!

(Fischer TB, 12,95 Euro. ISBN 978-3-596-17511-6)

Maria Fiorato: Das Geheimnis des Frühlings

Italien, 1481: Luciana verdient ihr Geld als Straßenmädchen, als sie angeheuert wird, um Botticelli Modell zu stehen für das Gemälde „Primavera“ (Der Frühling). Geschmeichelt geht sie darauf ein, stiehlt dann aber aus Frust eine Skizze, da sie am Ende nicht entlohnt wird. Bald muss sie fliehen, die Skizze scheint wertvoll zu sein, Menschen in ihrer Umgebung müssen deswegen sterben. Auf der abenteuerliche Flucht versucht sie mit Hilfe eines Mönchs das Geheimnis hinter dem Gemälde zu lösen. Das Buch ist eine schöne und leicht geschriebene Geschichte, die sowohl Krimi, Liebesgeschichte, Kulturgeschichte als auch Kunstgeschichte in sich vereint. Ein schöner Schmöker!

(Blanvalet TB, 9,99 Euro. ISBN 978-3-442-37480-9)

Benjamin Lebert: Im Winter dein Herz

"buchhandel.de/Deutschland im Winter. Kurz nach Weihnachten ist es so weit: die Menschen nehmen ein paar Pillen und beginnen den üblichen dreimonatigen Winterschlaf. Nur Wenige verzichten darauf – dieses Jahr auch Robert. Der Ich-Erzähler nimmt die Leser mit auf seine Reise.

Aus einer Klinik bei Göttingen macht er sich mit einem Mit-Patienten und Annina, dem Mädchen von der Raststätte, auf nach München. Durch die verschneite Winterlandschaft, in der nur wenige Menschen unterwegs sind, suchen die drei ihren Weg. Eine besondere Winter-App zeigt ihnen, welche Gaststätten und Tankstellen trotz des Winterschlafs geöffnet sind. Continue reading Benjamin Lebert: Im Winter dein Herz

Henning Mankell: Erinnerung an einen schmutzigen Engel

Wieder ein neuer Roman des schwedischen Autoren, der uns wieder nach Afrika entführt.
Zwar lernen die Leser die junge Hanna in Portugiesisch-Ostafrika kennen, durch Rückblenden werden wir aber schnell in die verschneite schwedische Winterlandschaft 1903 versetzt.

Hanna stammt aus armen Verhältnissen, nach dem Tod des Vaters herrscht Hunger und Elend. Die Mutter bittet Hanna, die gerade 18 Jahre alt wird, an die Küste zu gehen und dort als Hausmädchen ihr Glück zu versuchen. Zuhause gibt es keine Möglichkeiten für sie. Continue reading Henning Mankell: Erinnerung an einen schmutzigen Engel

Isabel Allende: Mayas Tagebuch

Isabel Allendes neuestes Buch nimmt uns mit in eine abgelegene Landschaft: Chiloé, ein im Süden Chiles gelegenes Insel- und Naturparkgebiet, in das sich bestenfalls einzelne Touristen verirren, um schamanische Praktiken zu bestaunen.

Hierhin kommt die 19jährige Maya Vidal eines Tages – mehr oder weniger unfreiwillig, denn sie stammt aus Kalifornien und hat außer der Tatsache, dass ihre Großmutter aus Chile stammt, keinen weiteren Bezug zum Land. Maya hat allerdings eine sehr bewegte Vergangenheit, die die Autorin sie in Form eines Tagebuchs erzählen lässt. Continue reading Isabel Allende: Mayas Tagebuch

Horst Evers: Der König von Berlin

Immer etwas schräg, so kennt man Horst Evers. Nun hat der Autor seinen ersten Kriminalroman veröffentlicht – was natürlich Erwartungen weckt.

Der Krimi spielt in Berlin, und schon im ersten Satz kommt eine Leiche vor. Allerdings ist es eine tote Ratte. Wer sich mit toten Ratten nicht anfreunden mag, sollte nicht weiter lesen, denn das ganze Buch spielt im Kammerjäger-„Milieu“. Berlin leidet seit einiger Zeit unter einer massiven Rattenplage, und das merkwürdigerweise erst seit dem Tod des „großen alten Mannes“ der Kammerjägerzunft.  Continue reading Horst Evers: Der König von Berlin

Die Geister schweigen

Der Titel des Buches von Care Santos ist etwas irreführend: bei diesem großartigen Buch handelt es sich weder um eine Geistergeschichte noch um einen Spukroman.

Vielmehr geht es in dieser Familiengeschichte um Amadeo Lax, einen (fiktiven!) Maler aus Barcelona. Die Familiengeister treten als Erzähler auf und nehmen uns mit durch die Zeit: angefangen bei den Großeltern und Eltern, treffen wir auch die Kinder und Enkel des Malers, und springen dabei durch die Jahre. Dies ist zwar am Anfang etwas verwirrend, dank der Zeittafel und des Stammbaums aber kein Problem.

Eine weitere Protagonistin ist Violeta, die Enkelin des Malers und selbst Kunsthistorikerin. Sie ist (in der Gegenwart) im ehemaligen Haus des Großvaters und wegen dessen Renovierung vor Ort, als merkwürdige zugemauerte Räume entdeckt werden. Es stellt sich heraus, dass einiges aus der Familiengeschichte etwas anders war, als Violeta vermutet hatte…
Im Laufe des Romans erhalten die Leser ein immer umfassenderes Bild der Familie, aber auch des Malers an sich.

Durch die verschiedenen Stilelemente (Roman, E-Mail, Katalogeintrag, und andere) liest sich das Buch sehr abwechslungsreich. Die Handlung begeisterte mich als Liebhaberin von Familiengeschichten, historischen Romanen und Biografien und besticht durch gerade diese Mischung.

Ein gelungenes Werk einer mir bisher unbekannten Autorin – und sehr lesenswert!

Care Santos: Die Geister schweigen
Krüger 2012.

Vengalyx

Vengalyx
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… ist ein Buch mit inzwischen zwei Bänden – und ein bisschen Werbung in „familieneigener“ Sache.

Worum geht es?

Band 1, „Vengalyx: Die Öffnung“ spielt größtenteils in Schweden, wo Student Frank seinen Urlaub verbringt. Dort trifft er bei einem Spaziergang mit seinem Hund Rex die gut aussehende Emma, die, wie kurze Zeit später feststeht, im gleichen Landgasthof wie Frank wohnt.
Zuerst sehr unnahbar, bekommen die beiden kurze Zeit später doch Kontakt: bei einem Überfall auf Emma eilen Frank und Rex Emma zur Hilfe. Silber gekleidete Männer greifen sie an, doch plötzlich vertreibt eine lila Lichterscheinung die Angreifer.
Im weiteren Verlauf entdecken die drei eine Höhle in einer Felswand, und auch dort treten ähnliche Lichterscheinungen auf. Außerdem kommt es plötzlich zu Zeitsprüngen. Als sich endlich das Vengalyx-Modul offenbart, ändert sich für Frank, Emma und auch Rex das Leben…

Band 2, „Vengalyx: Die Erweiterung“ ist die direkte Fortsetzung: wieder in ihrem Heimatorten angekommen, fragen sich Frank und Emma, welche Auswirkungen ihr Kontakt mit dem Vengalyx-Modul gehabt hat. Schnell merken sie, dass es nicht bei körperlichen Folgen bleibt – auch ihr Verstand ist (im positiven Sinn) betroffen.
Alles erweitert sich: ihr Bewegungsradius, ihre Fertigkeiten, aber auch der Personenkreis, der eingeweiht wird. Als Leser ahnt man, dass das auf Dauer nicht gut gehen kann…

Die Vengalyx-Bücher sind fantastische Romane mit sehr realistischem Hintergrund, technischem SF-Anklang und einem Schuss Romantik. Die nächsten Bände sind in Vorbereitung.

Sieghardt von Thomsen:
Vengalyx – Die Öffnung
BoD 2011. 11,90 Euro. ISBN 978-3-8448-0063-0

Vengalyx – Die Erweiterung
BoD 2012. 11,90 Euro. ISBN 978-3-8482-0591-2

Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand

Der Anfang des Buches ist so, wie der Titel verrät: Allan wird an diesem Tag 100 Jahre alt und soll vom Bürgermeister und anderen gefeiert und geehrt werden. Daraufhin ergreift Allan kurz vorher die Flucht und klettert (so gut das geht) aus dem Fenster seines Zimmers im Altenwohnheim.

Dass er am Bahnhof landet, einen Koffer mitgehen lässt und bei einem Kleinganoven landet, war ebenso wenig geplant wie die Tatsache, dass im Koffer 50 Millionen Kronen aus einem Drogengeschäft sind. Allan wird entsprechend verfolgt.

Der schon skurrile Anfang des Romans verspricht Gutes, und so geht es glücklicherweise auch weiter. Immer unglaublicher werden die Ereignisse!

Zwischen die Erzählung wird in eingeschobenen Kapiteln die Lebensgeschichte Allans erzählt: von seinem Aufwachsen in armen Verhältnissen, wie der Zufall ihn in eine Sprengstofffabrik führt, wo er ab dem 10. Lebensjahr arbeiten muss, sich aber immer weiter hocharbeitet und schließlich Ahnung davon hat, wie man am besten sprengt – bis hin zu seiner unglaublichen Lebensodyssee, die ihn nach Spanien, die USA, China führt, ihn zu Fuß den Himalaja überqueren lässt, nach Teheran, nur um nach einem wenige Tage dauernden Zwischenstopp in Schweden gleich wieder in die Sowjetunion entführt zu werden (per U-Boot!), im Gulag zu landen, nach Nordkorea zu reisen, um dann in Bali zu landen. Nach längerem Aufenthalt verschlägt es ihn nach Frankreich und wieder nach Schweden – wo wir irgendwann beim Anfang der Geschichte landen.

Hinzugefügt werden muss noch, dass Allan alle bedeutenden Staatsmänner des Jahrhunderts trifft und dazu beiträgt, dass die erste Atombombe gebaut werden kann. Natürlich gerät er als Experte für Sprengstoff und Bomben zwischen alle Fronten.

Der Roman lässt eigentlich keine Option offen. Skurril, fantasievoll, der Erzählstil manchmal sarkastisch, manchmal an Astrid Lindgren erinnernd und sehr gut übersetzt.

Ein Lesevergnügen, das man keinesfalls verpassen sollte!

Jonas Jonasson: Der Hunderjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand.
carl‘s books 2011.

Julie Orringer: Die unsichtbare Brücke

Ein Familienroman, der mich von Beginn an in den Bann gezogen hat: Hauptfigur ist der junge Andras, der aus Budapest nach Paris reist, um dort Architekturstudium zu beginnen.

Es ist 1937, und für einen Juden ist es damals schon schwierig, ein Visum und alle nötigen Papiere zu bekommen – aber mithilfe der jüdischen Gemeinde klappt es. Ohne ein Wort Französisch kommt Andras in Paris an. Er lernt jüdische Mitstudenten kennen, auch ein Professor ist Jude und Ungar – und Andras trifft die geheimnisvolle Claire Morgenstern, deren Familie er schon kurz vor der Abreise zufällig kennen gelernt hatte.

All das ist nur der Auftakt zu zwei intensiven Jahren in Paris, seiner Beziehung, einer amour fou, zu Claire und dem immer deutlicher werdenden Antisemitismus und dem Aufziehen des Nationalsozialismus. Wie eine Gewitterfront legt dieser sich über Andras‘ Leben, er muss nach Budapest zurückkehren. Die Repressalien nehmen ihren Lauf.

Orringers Romanepos (auf über 800 Seiten!) liest sich sehr gut, ist sprachlich herrlich und gut übersetzt. Die Dramatik der NS-Zeit wird den Lesern hier auf eine neue Art bewusst, denn wer kennt sich schon mit dem ungarischen Arbeitsdienst während des Kriegs aus? Und das persönliche Auf und Ab des Schicksals von Andras und Klara nimmt einen gefangen.

Erst am Ende wird klar, dass Orringer hier Teile ihrer Familiengeschichte verarbeitet. Zu dicht, zu wenig konstruiert ist die Handlung auch, als dass sie so hätte erdacht werden können.

Insgesamt: ein Buch mit hoher Intensität, das einen manchmal auch schlucken lässt – vor Glück, aber auch vor Unglück und Schicksal. Sehr lesenswert!

Julie Orringer: Die unsichtbare Brücke. KiWi 2011.