Im Rahmen des Literaturfests München gewann ich aufgrund meines Blogposts ein Interview mit dem israelischen Autor Assaf Gavron und habe mich darüber sehr gefreut! Nachfolgend lest ihr nun, was er auf meine Fragen geantwortet hat:
Lieber Assaf Gavron, verstehen Sie sich als politischen Schriftsteller, oder beschreiben Sie einfach „das Leben“?
Ich definiere mich nicht selbst. Aber ich merke, dass ich von Buch zu Buch die Genres und Stile wechsle – und selbst innerhalb eines Buches! Deswegen würde ich mich nicht als politischen Schriftsteller bezeichnen. Andererseits muss ich zugeben, dass meine letzten drei Bücher viel mit den politischen Umständen meines Landes und meiner Region zu tun hatten.
Doch selbst wenn ich große Themen wie Siedler, Selbstmordattentate oder die Zukunft des Wassers behandle, versuche ich diese Themen aus der Sicht der Menschen zu beschreiben. Durch kleine Details – und das verstehe ich nicht als ‚politisches Schreiben‘.
Warum engagieren Sie sich mit Ihren Büchern aktiv im israelisch-palästinensischen Dialog?
Ich lege es nicht darauf an, Teil des Dialogs zu sein oder eine Stellungnahme zu beziehen. Sondern ich schreibe für mich selbst: um Sinn in eine Situation hinein zu bekommen, die sich sonst total verrückt anfühlen würde. Vielleicht hilft das dann auch anderen. Wenn dann jemand daraus etwas macht, besondere Dinge damit anfangen kann und einen Wandel herbeiführt, stellt das natürlich einen Bonus für mich dar!
Jede Stimme trägt dabei etwas zu dem großen Gesamtbild bei – sei es ein Facebook Post, eine Twitternachricht, ein Roman oder eine politische Rede. Ich füge lediglich meine kleine Stimme zu dem lauten Orchester hinzu. Wenn das jemandem hilft, neue Erkenntnisse, Wissen oder Empathie zu gewinnen, freut mich das.
Woher nehmen Sie die Ideen für Ihre Bücher? Gibt es Ähnlichkeit mit Ihrem eigenen Leben?
Von überall her: einer Unterhaltung, einer Geschichte in der Zeitung, etwas, das auf der Straße passiert, ein lustiges Wort, das ich höre, einer Buchzeile, einem Vorschlag eines Freundes.
Plane, forsche und schreibe ich für ein neues Buch, bin ich sozusagen immer auf Alarm und halte mein Notizbuch bereit (heutzutage meistens die Notiz-App meines Mobiltelefons!). Jeden Tag schreibe ich ein paar Sachen auf. Daher können natürlich ein paar Begebenheiten in meinen Büchern von meinem Privatleben inspiriert sein, aber das ist eher zufällig so.
Wie, wo und wann schreiben Sie am Besten, am Liebsten? Gibt es Rituale, feste Tagesabläufe?
Um fünf Uhr morgens: dann wache ich auf und schreibe dann entweder zuhause – oder, was normalerweise der Fall ist: Ich fahre mit dem Rad in mein Büro, das fünf Minuten entfernt ist und schreibe dort. Die ersten zwei Stunden sind die besten. Bevor es hell wird, bevor die Welt aufwacht, bevor das Telefon klingelt und E-Mail eintreffen oder Meetings stattfinden.
Bevor ich anfange zu schreiben, mache ich mir einen Kaffee (Nespresso mit Milch!) und gieße mir ein Glas Grapefruitsaft ein. Das kommt einem Ritual also ziemlich nah…
Nehmen Sie sich bewusst vor, absurd, spannend oder nachdenklich zu schreiben, oder wie entwickelt sich der Stil?
Bevor ich anfange ein Buch zu schreiben, existiert dieses immer schon einige Jahre in meinem Kopf und in meinen Notizen. Während dieser Zeit nimmt es immer weiter Form an. Und so entwickeln sich auch der Stil, der Ton und die Struktur währenddessen. Wenn ich dann wirklich anfange zu schreiben, habe ich sehr viele Dinge bereits fertig im Kopf.
Aber ich weiß: egal, welches Buch ich schreibe und wie ich die Themen und Genres auch ändern mag, bleibt es immer mein Buch. Und etwas von mir enthält es immer, wenn ich schreibe: meinen Humor, meinen Tonfall und diese Dinge.
Herzliche Grüße,
Assaf Gavron
Vielen Dank!
Das Interview wurde schriftlich auf Englisch geführt, die Übersetzung ins Deutsche ist von mir.
Assaf Gavron ist im November 2013 auf Lesereise in Deutschland. Termininformationen gibt es auf der Webseite des Luchterhand Literaturverlags.